Noch lädt die Erde ein

Konstantin Wecker

Was macht sich heut die Sonne breit -
was hält uns noch zurück?
Mir sitzt schon eine Ewigkeit
der Süden im Genick.

Dort unter Reben liegt sich´s gut,
und Hitze hüllt uns ein.
Dann tauschen wir das alte Blut
für neuen Wein.

Und sind wir kräftig ausgeruht,
dann wolln wir schlafen gehn.
Oft hilft ein dicker Bauch ganz gut,
die Nacht zu überstehn.

Die junge Erde öffnet sich,
es kühlt das frische Gras.
Und dann, ich weiß, dann liebst du mich
im Übermaß.

Wie leicht, mein Schatz, verschläft man sich,
wenn man sich nicht so mag.
Das Leben währt
kaum einen Sommertag.

Was macht sich heut die Sonne breit -
sie stellt mich richtig bloß.
Mich läßt schon seit geraumer Zeit
die Freude nicht mehr los.

Wir haben so viel Zeit vertan
und uns so viel erklärt.
Du bist die Frau,
ich bin der Mann und umgekehrt.

Vielleicht wird sich die Sonne bald
schon von uns Menschen wenden.
Ich könnt´s verstehn, sie ist zu alt,
sich sinnlos zu verschwenden.

Doch noch gibt´s Herzen, die verstehen,
noch lädt die Erde ein.
Nur bald, es ist schon abzusehen,
wird´s nur noch schnein.

Wie leicht, mein Schatz, verschläft man sich,
wenn man sich nicht so mag.
Das Leben währt
kaum einen Sommertag.

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