Nachtaktiv

"Ich habe diesen Zustand" "Diesen Zustand?"
"Mein Gedächtnis betreffend"
"Gedächtnisschwund, ja?"
"Nein, nein es ist was anderes
Glauben sie mir" "Alles verblasst"
"Ich hab' kein Kurzzeitgedächtnis"

Zeitgefühl abgestumpft – tote Mimik
Ich seh', wie schnell die Tage vergeh'n
Und die Monate zieh'n sich
Wenn's dunkel ist, schlaf' ich nicht
Aber wach bin ich auch nicht
Wenn ich platt vom Rauschgift
Nachts in meinem
Haus völlig strack auf der Couch lieg'

Mein Körper ist müde, mein Kopf aber nicht
Durch die Nacht leicht angesoffen, bekifft
Wache auf und weiß nicht
Ob es drei in der Nacht
Oder sieben am Abend ist
Euphorie in der Nacht –
Depressiv bei Tageslicht

Zwei Uhr dreiundreißig
Die Augen sind schwer
Um 4 muss ich aufstehen
Stundenlanger Sekundenschlaf – stark betäubt
Vom Tilidin unterm Rauchnebel
Guck' ich in den Fernseher
Der so leise ist, dass ich ihn kaum höre
To do-Liste in meinem Kopf:
Morgen schreib' ich ‘nen
Text und dann räum' ich hier auf, schwöre

Und ich schlaf' nicht mein Körper ruht
Doch der Kopf rattert und ich schlaf' nicht
Und zweieinhalb Tage werden zu einem, ich bin

Nachtaktiv paff' das Weed
Fühl' mich wohl in der Dunkelheit
Schreib' aufs Blatt zum Beat
Erinnerungslücken jeden Tag
Glasige Augen, doch seh' nicht klar

Realität und Traum verschwimmen
Wann hab' ich eigentlich zum
Letzten Mal geschlafen?
Blick in Spiegel: Seh' die Augenringe
Und dann reißt mich mein
Wecker aus meinem Schlaf

Zeitgefühl abgetötet
Passivmodus – schlechte Laune
Schlafen Zeitverschwendung
Leistungsgesellschaft: schnell und laut
Alles wirkt immer unechter
Alles bewegt sich im laufenden Takt
Ich leb' nicht meinen Traum
Doch hab mein Leben zu ‘nem Traum gemacht

Mein Kopf ist müde, doch mein Körper nicht
Durch den Tag – verstörter Blick
Dinge passier'n und ich weiß nicht
War das vorhin oder letzte Woche?
Kopfschmerzen: Was mach' ich hier?
Und wie bin ich hierher gekommen?

Ein Uhr dreiundreißig
Kickdown im Siebener, Sound aus der Anlage
Tilidin, Koka, Energy-Drink
Ich bin drauf wie 'ne Wandfarbe
Aufgaben anfragen
Alles wird erledigt, blick' auf mein Handy
Stress im Kopf und Adrenalin
Im Rausch durch die Nacht, aufmerksam, wach
Nasen zieh'n und Bares verdien'n, Digga

Ich komm' nach Hause, Krieg im Kopf
Das Weed entspannt schon lang nicht mehr
Doch wie so oft
Sitz' ich auf der Couch rum und ich
Paff' ein'n und dann noch ein'n
Und ich schlaf' nich und dreieinhalb
Tage werden zu einem, ich bin–

Nachtaktiv, kurz davor abzudreh'n
Im Kopf ein Workaholic
Körperlich schlaff und träge
Ich brauche Ruhe
Doch hab' Angst vor der Stille
Und die To do-Liste wächst
Doch die Kraft dafür sinkt

Sechzehn Uhr dreiunddreißig unterwegs
Von den Sorgen müde
Bis es dunkel wird und ich
Mich wieder geborgen fühle sitz' im Auto
Flieg' über die Straße: Euphorie zeigt sich
Dann werd' ich wach' auf meiner
Couch: zwei Uhr vierunddreißig

"Ich weiß nicht, ob ich es
Schon mal erwähnt habe
Ich hab kein Kurzzeitgedächtnis"
"Es ist wie aufwachen
Als wäre man gerade aufgewacht"

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